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Schmerzen /
Psychosomatische Beschwerden

 

rper und Psyche

Etwa 1,5 Millionen Österreicher leiden an chronischen Schmerzen. Davon sind etwa 500.000 Patienten von einer sogenannten somatoformen Schmerzstörung betroffen. Diese werden auch als "psychosomatische Schmerzen" zusammengefasst. Dabei sind Kopfschmerzen, Rückenschmerzen die häufigsten. Jedoch auch bei Kindern und Jugendlichen treten zunehmend Schmerzzustände auf. Diese Menschen leiden darunter, als "gesund" bezeichnet die Arztpraxen verlassen zu müssen und leiden jedoch nach wie vor unter ihren Schmerzen oder Leidenszuständen.

Neben der ärztlichen und medikamentösen Behandlung von Schmerzen gibt es psychologische Wege, Schmerzen zu bewältigen. Hier lesen Sie warum Schmerzen mit unserer Psyche zusammen hängen und wie sie beeinflusst werden können. 

Der Schmerz als Signal

Der Körper sendet Schmerzen als Alarmsignal. Somit haben Schmerzen eine lebenswichtige Funktion. Wenn der Schmerz aber immer wiederkehrt, verschwindet häufig diese Warnfunktion. Chronische Schmerzen mit vielen Begleiterscheinungen sind entstanden. "Seelisch bedingter Schmerz" oder "Psychogener Schmerz" ist häufig die Diagnose, wenn ein Facharzt mit seinem Wissen nicht weiter weiß. Auch Sätze wie "Das ist psychosomatisch" fallen häufig. Betroffene können einerseits erleichtert sein, eine Erklärung für die Beschwerden gefunden zu haben, gleichzeitig kann dieses Ergebnis des Mediziners jedoch für große Verunsicherung sorgen. Was kann der Einzelne nun tun? Scheinbar an die Grenzen der Medizin gestoßen (es gibt sozusagen keinen medizinischen "Grund" für die Beschwerden) fühlen sich Betroffene häufig nicht ernst genommen und wissen nicht, wie sie weiter vorgehen können. Waren doch alle Untersuchungen "ohne Befund".

Schmerzen haben immer sowohl einen körperlichen als auch einen seelischen Anteil. Lange Zeit glaubte man, dass Schmerzen wie eine Klingelanlage funktionieren. Es gibt 1. einen Auslöser (der Knopf), 2. einen Draht, der den Strom weiterleitet und 3. eine Klingel, die Alarm schlägt. Bleiben wir bei diesem Modell, so lässt sich weiterhin annehmen, dass die Dauer des Drückens auf den Klingelknopf einzig und allein die Dauer des Alarms der Klingel beeinflusst. Je länger wir also drücken, umso länger dauert der Alarm.

Wird dieses Modell nun auf das Schmerzerleben übertragen wäre dies folgendermaßen zu interpretieren:

      1.    Es gibt einen Schmerzreiz irgendwo im Körper, z.B. im Kopf,

      2.    Nervenfasern, die den Schmerz über das Rückenmark zum Gehirn weiterleiten und

      3.    den Schmerz, den wir durch die "Klingel in unserem Gehirn" spüren.

Wenn wir bei diesem Modell bleiben, so lässt sich auch hier folgern:

Je länger der Schmerzreiz dauert oder je intensiver der Schmerzreiz an der Stelle im Rücken ist, umso stärker erleben wir den Schmerz. Dieses Modell geht auf den Franzosen R. Descartes (17. Jahrhundert) zurück. Von diesem Modell ging man beim Verständnis des Schmerzes sehr lange aus.

 

Die folgenden Beispiele verdeutlichen jedoch, dass es so einfach nicht ist:

Sind wir konzentriert, im Arbeitsflow oder durch unsere Umgebung abgelenkt, nehmen wir den Schmerz oft gar nicht oder nur wenig wahr. Kommen wir jedoch in eine Ruhesituation, in der wir wenigen Ablenkungen ausgesetzt sind, stellt sich der Schmerz wieder ein und kann gar starke Ausmaße annehmen.

Viele Schmerzpatienten kennen folgendes Phänomen: Es passiert etwas Unerwartetes, ein plötzlicher Besuch oder ein Schreck und nach einiger Zeit fällt auf, dass man den Schmerz gar nicht wahrgenommen hat.

Außerdem ist Schmerzverhalten von Lernprozessen abhängig. Stürzt ein kleines Kind beim Spielen auf die Knie, wird es vermutlich die Nähe der Eltern suchen, um Trost zu empfangen. In dem Moment ist das Schmerzempfinden auch groß. Ist das Kind alleine im Garten oder mitten im Spielen mit anderen Kindern könnte es passieren, dass es einfach aufsteht und sofort weiter läuft.

Psychische Faktoren modulieren die Wahrnehmung und Verarbeitung von Schmerzen, unabhängig davon, ob es sich um akute oder chronische Schmerzen handelt. Zusammen mit körperlichen Faktoren führen diese durch Lernen und neurobiologische Prozesse zu Veränderungen im Nervensystem, der sogenannten Neuroplastizität. Diese können reversibel sein unter bestimmten Voraussetzungen aber auch irreversibel werden, wie verschiedene Studien zeigten.

 

Es besteht ebenso ein enger Zusammenhang zwischen der emotionalen Stimmung und der subjektiven Schmerzbewertung. Gedanken, Bewertungen und Erwartungen können bestimmte Stimmungen auslösen, zu einem bestimmten Verhalten führen und dadurch die Umwelt beeinflussen. Und ebenso umgekehrt. Die Umwelt kann ein Verhalten induzieren und dies führt zu einer gewissen Stimmung. So wird ein Schmerz den man erwartet (z.B. Impfung), der einem vertraut ist als wesentlich weniger schmerzhaft bewertet als ein unerwarteter, neuer Schmerz. Nieto et. al (2012) konnte zeigen, dass Schmerz wesentlich und günstig von Bewältigungsmechanismen beeinflusst wird. Eine weitere Rolle spielen Ängste und Depressionen in der Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung.

Untersuchungen zeigten folgende Einflüsse auf das Schmerzerleben:

Schmerzen neigen dazu, sich zu:

verstärken bei z.B.:  Unruhe, Ängste, Niedergeschlagenheit, Einsamkeit und

abzuschwächen bei z.B.: Entspannung, Ablenkung, Akupunktur. 

Häufig entsteht ein regelrechter Teufelskreis aus Schmerzen, Anspannung und schlechtem Befinden. Starke Kopfschmerzen führen möglicherweise zu depressiver Stimmung mit wiederkehrenden Gedanken wie zum Beispiel: "Immer habe ich Kopfschmerzen.", oder "das hört nie auf!". Es kann sein, dass diese Gedanken wiederum die Schmerzen verstärken, andererseits aber auch zu mehr Muskelanspannung führen. Wenn sich jemand verkrampft, kann dies wiederum die Schmerzen verstärken. Schon sind wir im Teufelskreis angekommen. Solche Prozesse können mittels psychologischer Methoden behandelt, Teufelskreise unterbrochen werden.  

 

Psychologische Behandlungsmöglichkeiten

Schmerzen haben auch immer eine alarmierende Funktion, so dass ein vollkommenes Wegblasen von Schmerzen nicht Ziel einer angemessenen Hilfestellung sein kann. Es geht vielmehr darum, Schmerzen zu lindern und Schmerzen besser zu bewältigen.

 

Psychologische Techniken zur Bewältigung von Schmerzen setzen an folgenden Punkten an:

  • Steigerung der Entspannungsfähigkeit

Wie bei Stress ist auch bei Schmerzen der Körper unter erhöhter Anspannung und in einer Art Dauerstresszustand. Das vegetative Nervensystem ist überaktiv (Schwitzen, schneller Herzschlag, flacher Atem, Zittern,..). Verfahren wie Autogenes Training oder die Progressive Muskelrelaxation (PMR) lassen das vegetative oder autonome Nervensystem zur Ruhe kommen und erzielen in der Schmerzbehandlung gute Erfolge. Ein solches Entspannungstraining lässt sich am Besten in einer Gruppe erlernen.

  • Veränderung der schmerzverstärkenden Gedanken und Einstellungen durch geeignete Strategien 

Dazu erfolgt zunächst eine Bestandsaufnahme der Schmerzen und der dazugehörigen belastenden Gedanken und Gefühle sowie dem Verhalten des/der Betroffenen und deren Umfeld

  • Brainspotting

Es handelt sich dabei um ein Verfahren für alle, die zum Beispiel unter den Folgen einer emotionalen oder körperlichen Verletzung leiden, sich in einer Lebenskrise befinden oder aber auch zur Lösung von Blockaden. Brainspotting ist eine junge Weiterentwicklung aus dem bekannteren EMDR. Weitere Infos finden Sie hier. 

Weitere Infos:

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